Dein Geschenk - Brief eines Sternenkindes

Es ist ein Platz leer neben mir. Als säße da ein Geist, ohne Silhouette. Mein Kind, das es nicht mehr gibt, das ich nicht mehr sehen kann. Wo es ist, weiß ich nicht. Es kam, und verließ uns dann wieder, wie eine alte Großtante, die ihren Verwandten nur einen kurzen Besuch abstattet, um nach dem Rechten zu sehen. "Alles okay" hat es sich vielleicht gedacht, unser Kind...

Da und dort kann ich euch vielleicht noch helfen. Ich kann euch zum Beispiel sagen, was es heißt zu leben, und sagen, was Sterben heißt. Ich bin nicht lange hier, und kann euch auch nicht begleiten, das ist gewiss. Ich werde euch Flüsse hinterlassen, und Bäche und Meere, vollgefüllt mit Tränen. Ich werde euch ein Päckchen übergeben und binde es an eure Rücken. Manchmal werdet ihr denken, die Last ist zu schwer. Ihr werdet euch sehnen nach Leichtigkeit. Danach, dass die Zeit doch vergeht. Doch dort wo ich lebe, da gibts keine Zeit. Ich bin eine Wolke im Wind.

Ich bin wie ein Buch ohne Wörter, ein Baum ohne Blätter, ein Raum ohne Oben und Unten. Der erste Sonnenstrahl nach dem Winter. Ihr braucht mich nicht suchen. Denn ich bin nirgendwo und überall. Dein bester Freund, genauso wie die Gänsehaut, wenn du frierst. In den Wörtern die du sagst, da lebe ich ein bisschen mit. In jeder Tat, die du mit Liebe machst, dahinter stecke ich.

Mama, du wirst anders sein, war ich erst einmal da. Doch irgendwann wirds wieder Frühling. Wie eine Blume wirst du verwelken und blühen, verwelken und blühen. Du wirst für immer traurig sein, denn ich bin du und du bist ich. Ich zeig' dir alles was ich weiß, so dank' mir doch, Mama. Getrenntsein, so etwas gibt es doch nicht. Auf meiner Seite des Lichts.

Und so bleibt dein Platz für immer leer neben mir. Ein Geist bleibt ein Geist bleibt ein Geist. Doch dein Geschenk verschwindet nicht. Und nach jedem Abschied bleibt die Hoffnung auf ein Wiedersehen.