Zwei Tage später, es ist Donnerstag der 5. Jänner, haben wir erneut zwei Termine im Krankenhaus. Der erste ist auf der Kinder-Herzambulanz, mit einer auf Herzfehler spezialisierten Kinderärztin. Zuerst schallt sie das Herz unseres Babys für etwa 25 Minuten im Detail, dann bittet sie uns in einen Nebenraum zur Besprechung. Mit Hilfe von zwei Zeichnungen, die sie nach der Ulltraschalluntersuchung anfertigt, erklärt sie uns den Herzfehler unseres Kindes im Vergleich zu einem normalen Herzen. Der komplexe Herzfehler unseres Babys würde drei Operationen erfordern: eine nach der Geburt, eine mit drei Monaten und eine letzte mit drei Jahren. Die Erfolgsaussichten wären aufgrund des großen Fortschritts in diesem Bereich, vielversprechend, es könne jedoch natürlich immer etwas passieren...
"Wie geht es dem Kind, wenn es alle drei Operationen überstanden hat?", fragen wir. "Ihr Kind kann ein völlig normales Leben führen, nur wäre es möglicherweise nicht ganz so fit wie ein normales Kind." Es wären jedoch selbstverständlich auch häufige, regelmäßige Kontrollen erforderlich.
Die Kinderärztin wirkt auf uns so vertrauenswürdig, dass wir uns nicht scheuen, ihr die verschiedensten Fragen zu stellen. Warum gerade unser Baby einen Herzfehler hat, was der Grund dafür sein kann, fragen wir sie. "Sie haben nichts falsch gemacht", sagt sie. "Es kann jeden treffen. Es wäre auch nicht ein Glas Wein oder eine Zigarette, die so etwas auslösen könnten. Geben Sie sich nicht selbst die Schuld."
Wie oft die Ärztin einen solch komplexen Herzfehler sieht, fragen wir noch. "Ca. 1 mal im Monat" lautet ihre Antwort.
Wir fühlen uns gut informiert, als wir die Praxis verlassen. "Ich glaube, dass Sie das schaffen können!", sagt die Ärztin uns zum Abschied. Und auch wir sind dank Ihrer aufbauenden Worte guter Hoffnung.
Eine Stunde später befinden wir uns wieder auf der Risiko Fetal Station, um den Befund der Magnetresonanz von vor 2 Tagen entgegenzunehmen. Ich werde gebeten auf dem Ulltraschallbett Platz zu nehmen. "Das Ergebnis des fetalen MRTs war, dass Ihr Kind, zusätzlich zum Herzfehler eine partielle Balkenagenesie hat, es fehlt nicht der ganze Balken, aber ein Teil davon. Für die Wachstumsretardierung wurde kein spezieller Grund gefunden."
"Wir haben hier ein extrem kleines Kind mit einem schweren Herzfehler und einem Balkendefekt. Wie möchten Sie weiter vorgehen?" Noch einmal wird uns gesagt, dass wir die Möglichkeit haben die Schwangerschaft jederzeit zu beenden. Unser Fall würde einer Komission vorgelegt werden, die diesen absegnen müsste, dies wäre aber eigentlich nur reine Formsache. Ein Spätabbruch wäre in diesem doch schwerwiegenden Fall noch jederzeit möglich, wir sollten uns damit jedoch nicht bis zur 35. Woche Zeit lassen, da dies wahrscheinlich bei der Absegnung des Falles Schwierigkeiten bereiten würde.
Es wird uns noch die Möglichkeit angeboten, dass wir mit einer Ärztin von der Neonatologie sprechen können, die sich gut mit Balkendefekten auskennt, bevor wir eine Entscheidung treffen. Dies möchten wir in jedem Fall in Anspruch nehmen und vereinbaren einen Termin in den kommenden Tagen. Zum Schluss wird mir noch Blut für den sogenannten Array-Gentest abgenommen, bei dem in Kombination mit den aus dem Fruchtwassers gewonnenen Zellen die Chromosomen des Babys noch viel genauer aufgespalten und analysiert werden können.
Wir haben noch immer die Worte der Kinderärztin im Ohr, als wir uns auf den Nachhauseweg machen. "Ich glaube, dass Sie das schaffen können!". Das glauben wir auch.
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